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Gib Laut!

Gib Laut!

Regierungsrat Beat Tinner, Vorsteher Volkswirtschaftsdepartement

Stacheldrahtverbot, Kontrollen, Vorschriften, Sanktionen. Eigentlich bin ich kein Freund von mehr Gesetzen und Vorschriften. Doch in dieser Sache habe ich Verständnis. Die Zeit für Stacheldraht ist abgelaufen. Es gibt heute viel schonendere und ebenso wirkungsvolle Materialien, um den Auslauf von Nutztieren in einer Weide zu begrenzen. Die Materie ist mir nicht fremd. Bereits als Gemeindepräsident von Wartau habe ich mich für den Lebensraum von Wildtieren eingesetzt. Wir haben damals freiwillig alte ungebrauchte Stacheldrahtzäune im Wald entfernt. Kaum im Amt als Vorsteher des Volkswirtschaftsdepartements, durfte ich mich erneut mit Stacheldraht befassen. Der Kantonsrat hat die vom Departement ausgearbeitete Regelung im Rahmen der Gesetzesinitiative "Stopp dem Tierleid" zurückgewiesen. Mir war sehr wichtig, dass die überarbeitete Vorlage im Jagdgesetz zur Regelung möglichst wildtierverträglicher Zäune in Wald und Feld nicht ein zweites Mal Schiffbruch erleidet. Deshalb habe ich die Initianten sowie die meistbetroffenen Interessensvertreter aus der Landwirtschaft, dem Wald, der Jagd und den Naturschutzorganisationen Mitte Oktober zu einem Hearing eingeladen. So konnte ich mir direkt ein Bild machen, wie die überarbeitete Vorlage ankommt und wo die Grenzen eines Kompromisses auf Schützer- und Nutzerseite liegen. Ich bin überzeugt, dass der jetzt vorliegende Gegenvorschlag der Regierung im Kantonsrat eine Mehrheit findet: Stacheldraht soll mit Ausnahme von absturzgefährdeten Stellen verboten werden. Für mobile Weidenetze gibt es eine klare Markier-, und Unterhaltspflicht sowie eine Abräumfrist. Ein Verbot mehr, aber weniger Tierleid und mehr Ordnung im Wald und im Feld. Das ist im Sinne aller.

Die Freude aufs Weitermachen von Bruno Hespeler

Vor wenigen Jahrzehnten hatte die Jagd in der Gesellschaft noch einen ganz anderen Stellenwert als heute – vor allem auf dem Land. Wert und Unwert der Jagd, man könnte auch sagen Zufriedenheit oder Unzufriedenheit mit der Jagd, wurde in den „grossen“ dörflichen Kommunikationscentren diskutiert – im Gasthaus, unter der Linde vor der Kirche oder am Gartenzaun. Meinungsbildner und Trendgeber waren die Bauern, die immer irgendwie direkt von der Jagd betroffen waren.

Das hat sich radikal geändert. Die Beiz hat zugesperrt und aus dem Gasthaus wurde ein Hotel. Der Fremdenverkehr hat das Sagen. Wo es tatsächlich noch einen Stammtisch gibt, sind die Probleme andere geworden. Das liegt daran, dass sich die dörflichen Strukturen radikal gewandelt haben. Wo früher noch 20 Bauern lebten, wirtschafteten und so mit der Jagd direkt in Verbindung waren, sind es heute oft nur noch zwei oder drei. Viel entscheidender ist, dass früher zwischen den Bauern ein paar wenige „Zugereiste“ lebten. Heute ist es umgekehrt.

In der Meinungsbildung bezüglich Jagd und Natur stehen sie besten Falles in der Mitte zwischen Bauer und städtischer Bevölkerung, häufig der Stadt näher als dem Land. Damit änderte sich der Stellenwert der Jagd wie die Erwartungen, die man an sie hat.

Was der Jäger darf, welche Aufgaben er zu erfüllen und welche Tierarten er zu dulden hat, das bestimmt heute der Trend. Er ist das von den Medien verwendete Saatgut. Die Ernte ist ein gemaltes Bild von Jagd und Natur, eines das Wünsche als Realität erscheinen und Unangenehmes weglässt, aber eines das breite Zustimmung erfährt. In dieser Welt tut sich der Jäger mit seinen draußen gewonnenen Erfahrungen und Eindrücken schwer. Er droht als Meinungsbildner unterzugehen. Und dennoch findet ein lauter Schrei von ihm weniger Verständnis als ein besonnenes, fundiertes Argumentieren.

Trotzdem lohnt Manches von dem, was uns Medien und Gesellschaft vorhalten, beachtet zu werden. So ein wenig ist es mit der Jagd halt wie mit dem Wetter: Während Sommerhitze und Trockenheit den Bauern die Ernte zerstören, jubelt eine Mehrheit – frei nach Rudi Carrell selig – über „einen Sommer, wie er früher immer war“.

Noch hat die Schweizer Jagd in der Bevölkerung einen weit größeren Rückhalt als die Jagd jenseits des Rheins. Noch ist sie auch ein kleines Stück Schweizer Identität. Wenn es ihr gelingt, dies mit Besonnenheit und Weitsicht zu erhalten, dann hat sie Großes geleistet. Mit dem Schaffen von Feindbildern, mit dem Verächtlichmachen Andersdenkender kann eine zahlenmässig unbedeutende Splittergruppe der Bevölkerung nur verlieren, ein Blick über den „Bach“ hinüber zeigt das.

Die Zeiten mögen für den Jäger schwer geworden sein, aber sie bieten ihm Aufgaben, für die er gebraucht wird – von Gamsräude über Wildverbiss und Stadtflucht von Wildtieren bis Schweinepest und Landschaftspflege. Der Jäger, so er diese Aufgabe ernst nimmt, produziert viel: Jungwald ebenso wie fantastische Lebensmittel, Lawinenschutz wie Naturerlebnis für Nichtjäger. Den zuweilen erhobenen Vorwurf, dass er an der Jagd Freude empfindet und alles andere nur zufälliges Nebenprodukt sei, sollte ihn stolz machen. Genau daran – an der immer wieder neuen Freude am „Beruf“ – fehlt es heute wie nie in der Geschichte. Rationalisierung, Gewinnmaximierung, das Wachsen oder Weichen – das sind heute die Marksteine, an denen sich die Welt orientiert, an denen sich Menschen zu einem Erlösung versprechenden Tag hangeln – dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Nichts von dem betrifft den Jäger. Er lebt von und mit der Begeisterung, er braucht nicht Stress und Hektik um sich selbst wichtig und ernst zu nehmen. Er freut sich nicht aufs Aufhören, sondern aufs Weitermachen. Reicher kann man nicht sein!

Gib Laut! von Peter Weigelt

Erkennbares Selbstverständnis der Jagd ist wichtig

In den vergangenen Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, wurde die Jagd in der Öffentlichkeit oft nur an der Schnittstelle zur Politik wahrgenommen. Wenn wieder eine Gesetzesanpassung anstand, irgendein politischer Vorstoss Staub aufwirbelte oder übermotivierte Tierschützer mit grobem Geschützt auf Jagd und Jäger losgingen. Die anstehende Abstimmung vom November 2018 über die Abschaffung der Milizjagd im Kanton Zürich setzt diese einseitige Positionierung der Jagddebatte nahtlos fort. Dazu kommt, dass viele Jägervereine in den vergangenen Jahren stark gefordert waren, ihre Jagdschiess-Infrastruktur zu erhalten und den Anforderungen des neuen Treffsicherheitsnachweises anzupassen. Diese mit hohen Kosten und grossem ehrenamtlichen Engagement verbundenen Tätigkeiten absorbierten so stark, dass kaum Zeit für die leiseren Themen rund um die Jagd blieb.

Jagdkultur sicht- und erlebbar machen

Da wir aber immer wieder betonen, dass die Jagd kein Hobby, sondern eine Passion sei, kommen wir nicht darum herum, uns auch wieder vermehrt für die «leiseren» Themen rund um die Jagd stark zu machen. Zusammengefasst gilt es, der Jagdkultur wieder mehr Platz und Raum zu verschaffen. Denn gerade in der heutigen Zeit, in der die Jagd sich immer wieder gegen Anfeindungen und Unterstellungen wehren muss, kommt der Jagdkultur zunehmende Bedeutung zu. Vordergründig am greifbarsten in Sachen Jagdkultur ist sicherlich das Jagdhornspiel. Denn mit ihrem attraktiven, stimmungsvollen und traditionellen Auftritt prägen die Jagdhornbläser-Gruppen unsere Jagdkultur weit über die jagdlichen Kreise hinaus. So gesehen sind die Jagdhornbläser die wichtigsten Botschafter der Jagd und verdienen unseren Dank und unsere Anerkennung für ihr Engagement für eine lebendige Jagdkultur.

Jagdkultur besteht nicht nur aus sicht- und hörbaren Handlungen und Symbolen, sondern kommt auch in der Verantwortung und Wertschätzung gegenüber der Natur zum Ausdruck. So verstanden erachte ich beispielsweise auch das aktuelle Engagement der St.Galler Jagd gegen „Zäune als Todesfallen“ als eine jagdkulturelle Verpflichtung und damit als verbindlichen Auftrag an die St.Galler Jagd.

Persönliche Haltung ist entscheidend

Jagdkultur kann aber nicht einfach an eine Gruppe innerhalb der Jagd delegiert werden, sondern verpflichtet auch jeden einzelnen Weidmann. Dabei gilt es einmal mehr zu unterstreichen, dass „Jäger sein“ nicht auf jagdlicher Kleidung oder einem Fähigkeitsausweis gründet, sondern „Jäger sein“ ist vielmehr eine Frage der inneren Haltung. Damit wir als Jägerinnen und Jäger unsere innere Überzeugung und damit unsere Passion glaubwürdig gegenüber Dritten spürbar und verständlich machen können, ist erkennbares Selbstverständnis gefordert. Nicht mit lauter Propaganda für die Jagd, sondern mit einem von Demut und Achtung gegenüber den Tieren und der Umwelt geprägten Auftritt und Verhalten; ganz im Sinne des Leitspruchs, der seit letztem Jahr auf den Cheminee des Blockhauses Hubertus im Erlenholz zu lesen ist:

Ich kam schon oft mit leeren Händen
von der Jagd zurück,
aber noch nie mit leerem Herzen.

Mit Weidmannsdank für Euer so verstandenes jagdliches Selbstverständnis.

Peter Weigelt

Die Vielfalt des Lebens für die Zukunft erhalten

Beitrag von Regierungsrat Bruno Damann, Vorsteher Volkswirtschaftsdepartement St.Gallen, für „Gib Laut!“, Homepage der Werdenberger Jägervereinigung

Der Begriff Biodiversität steht für das gesamte Spektrum des Lebens auf der Erde: alle Arten von Lebewesen, deren genetische Vielfalt, die Vielfalt von Lebensräumen sowie die in und zwischen diesen Ebenen wirkenden Prozesse. Die Vielfalt der Arten (verschiedenste Tiere, Pflanzen, Pilze, Bakterien) ist den Menschen am besten vertraut. So lassen sich in einem Wald auf den ersten Blick verschiedene Arten von Bäumen und Kräutern, Vögel, Bienen und Käfern erkennen. Im Werdenberg finden sich besonders viele Pflanzenarten, gilt es doch als das botanisch vielfältigste Gebiet der Schweiz. Diese Region trägt somit eine grosse Verantwortung für die Biodiversität. Gleichzeitig liegen hier auch grosse Chancen, sie zu erhalten und sogar zu fördern.

 Die Jagdgesellschaften unterstützen den Erhalt der Biodiversität tatkräftig mit innovativen Projekten zur Lebensraumaufwertung. Seit dem Inkrafttreten des revidierten Jagdrechts hat der Kanton ein Instrument, um solche Projekte auch finanziell zu unterstützen. Aus dem Werdenberg sind erfreulich viele Projekte eingereicht worden. Es werden Apfel- und Birnbäume gepflanzt, Äsungsschneisen und Waldlichtungen gepflegt oder mit Rosskastanien, Holzäpfeln und Wildäckern natürliche Nahrungsquellen für die Wildtiere geschaffen. Ein solches Engagement freut mich ganz persönlich sehr und ich ermutige Sie, machen Sie weiter so! Ihr Einsatz lohnt sich. Er lohnt sich für die Natur, weil dadurch die Biodiversität gestärkt wird. Er lohnt sich für die Wildtiere, weil ihnen ein vielfältiger Lebensraum mit unterschiedlichen Pflanzen ein gesundes Leben ermöglicht. Und er lohnt sich für die Menschen, weil sie sich in einer intakten Umwelt aufhalten und einheimische Tiere erleben können.

Ein weiteres gelungenes Beispiel ist der Rheintaler Binnenkanal bei Rüthi. Das verbreiterte Bett des Kanals schützt effektiv vor Überschwemmungen und freut auch Spaziergänger sowie Velofahrerinnen und Velofahrer. Darüber hinaus bietet das vielfältig strukturierte Gewässer wertvollen Lebensraum für Tiere und Pflanzen im und am Gewässer.

Der Handlungsbedarf ist erkannt: Biodiversität ist eine gesellschaftliche und wirtschaftliche Notwendigkeit. Projekte, wie sie im Werdenberg bereits umgesetzt wurden oder in Zukunft angepackt werden, machen Mut. Erst die Vielfalt des Lebens hat die Erde zu einem einzigartigen, bewohnbaren Ort gemacht und alle Menschen sind von der Biodiversität abhängig. Die Regierung des Kantons St.Gallen hat deshalb eine Biodiversitätsstrategie ausarbeiten lassen, die mit zehn Massnahmen in jenen Bereichen wirken soll, in denen der dringendste Handlungsbedarf besteht. Sie ist zurzeit in Vernehmlassung.

Um die Ziele zu erreichen, braucht es die Zusammenarbeit vieler Organisationen, Vereinigungen und Interessengruppen. Mit ihrer Arbeit leisten die Jägerinnen und Jäger im Werdenberg einen wichtigen Beitrag zum Ganzen. Denn die biologische Vielfalt und die damit verbundenen Ökosystemleistungen sind essenziell, wenn es darum geht, heutige und zukünftige Herausforderungen wie Klimawandel und Ernährungssicherheit bewältigen zu können.

 

Klimawandel - Herausforderung für die regionale Waldwirtschaft und Jagd

Die meisten Menschen, die mit der Natur zu tun haben, stellen Veränderungen in den Erscheinungen und Abläufen in Feld und Flur fest. Oft ist es ein subjektives Empfinden, aber es läuft immer in die gleiche Richtung; immer wärmer, immer turbulenter, immer unberechenbarer, immer extremer… .

Die Förster stellen beispielsweise fest, dass Waldreben und Brombeeren, mit der armenischen Brombeere als ein Neophyt, immer aggressiver auftreten und lokal ohne Gegenmassnahmen die Waldverjüngung massiv behindern. Trockenperioden wechseln mit intensiven Niederschlägen ab. Forstwarte leiden im Sommer bei Waldarbeiten vermehrt unter der Hitze, der Sonne und der hohen Luftfeuchtigkeit. Dafür fühlen sich fremde Insekten, plötzlich auch bei uns wohl: Über 100 bisher nicht einheimische Insekten haben sich in den Wäldern Europas in den letzten Jahren etablieren können.

Dabei sind die heute festgestellten Phänomene erst der Anfang der zu erwartenden Veränderungen. Wald gibt es bei uns auch unter den künftigen klimatischen Bedingungen. Die zentralen Fragen sind aber: In welche Masse können die heutigen Waldfunktionen auch in der Zukunft erfüllt werden? Wie sieht die künftige Baumartenzusammensetzung aus? Fallen Baumarten durch neu Krankheiten und Schädlinge weitgehend aus (Stichwort Eschentriebsterben)? Die Wissenschaft erwartet, dass sich das Klima bis in 50 Jahren geändert hat, die Anpassungsprozesse aber erheblich länger brauchen werden. 50 Jahre reichen nicht aus, dass sich beispielsweise ein Buchen-Tannenwald zu einem Eichenwald wandeln kann. Mit den veränderten Bedingungen können Baumarten bei uns wachsen, die heute im Gebiet noch nicht vorkommen, die aber nicht in 50 Jahren von weiter her einwandern können. Sollen wir da nicht eine gewisse Vorsorge treffen und die zu erwartenden Baumarten künstlich einbringen? Flächige Pflanzungen sind dabei weder zielführend noch finanzierbar. Mit Gruppenpflanzungen kann aber die Basis für eine künftige natürliche Verjüngung und Weiterverbreitung gelegt werden. Sind wir dafür nicht zu früh? Nein, in Anbetracht der Tatsache, dass Bäume einige Jahrzehnte brauchen bis sie fruchtbar werden, ist der Zeitpunkt, um zu handeln bereits heute gekommen!

Heftig diskutiert wird zurzeit der Einsatz von fremden Baumarten wie beispielsweise der Douglasie, der Robinie oder der Küstentanne zur Ergänzung der Baumvielfalt. Oder der Einsatz anderer Eschen- oder Ulmenarten als Ersatz für die durch Krankheiten und Schädlinge wie dem Eschentriebsterben oder der Ulmenwelke gefährdeten einheimischen Arten. Im Moment sind die Fronten hier verhärtet und es wird darum gehen, die sektoriellen Blickwinkel der Waldwirtschaft, der Biodiversität, der Jagd, …. zu einer alle Waldfunktionen berücksichtigenden Gesamtsicht zu vereinen. Für die Waldgesellschaften, die heute bei uns bereits ausgeprägt trocken sind, werden zudem schlichtweg Ersatzarten aus der Region fehlen, da solche bei uns heute noch nicht gedeihen. Der Rückgriff auf fremde Arten aus südlichen Gefilden ist dann naheliegend.

Der Klimawandel stellt die Forstwirtschaft neuen Herausforderungen gegenüber. Die Veränderungen im Waldaufbau fordern aber auch die Jagd. Sei es direkt mit neuen (Säuge)Tierarten, die sich bei uns wohl fühlen und ausbreiten, sei es indirekt mit dem gemeinsam zu steuernden Einfluss der Wildtiere auf unseren „neuen“ Wald.

Es wird neue Gesprächsthemen zwischen Forst und Jagd und Jägern und Waldbesitzern geben. Den Klimawandel werden wir auf unserer Ebene nicht direkt beeinflussen können. Wir sind jedoch gefordert, dessen Auswirkungen für Wald und Wildtiere gemeinsam in eine zukunftsfähige Richtung zu lenken.

Erwin Rebmann
Regionalförster Waldregion Werdenberg-Rheintal

Anforderungen an Wildfleisch

Anforderungen an Wildfleisch

Beitrag von Philippe Volery

Es gibt sicherlich kein besseres tierisches Lebensmittel als „wildes Wild“, von Jäger gehegt waidgerecht erlegt und optimal verarbeitet. Damit dieses Wild zum Top-Bio-Lebensmittel wird, müssen auch wir Jäger einige Schwerpunkte beachten. Selbst jagdkritische Organisationen befürworten die nachhaltige Ernte von diesem natürlichen Wildfleisch. Zum Beispiel hat der WWF-Deutschland in diesem Jahr, für die Konsumenten einen Ratgeber herausgegeben, wo einheimisches Wildfleisch als empfehlenswertes BIO-Produkt angepriesen wird.

Ziel

Das oberstes Ziel, was sich die Jägerschaft als Lebensmittelproduzent setzten muss, ist das nur qualitativ einwandfreies Wildbret oder bzw. Wildfleisch in den Handel gelangt. Dies wiederum führt dazu, dass die Jagd als natürlicher Produzent von exklusiven Lebensmitteln wahrgenommen wird.

Jägerinnen und Jäger = Lebensmittelproduzenten
Wer Wildfleisch herstellt, verarbeitet, behandelt, lagert, transportiert, kennzeichnet, anpreist oder abgibt ist ein Lebensmittelproduzent und somit der aktuellen Gesetzgebung unterstellt. Damit ist fast jeder Jäger der grossen Flut an Gesetzesartikeln unterstellt. Das heisst, dass die Jägerschaft die Etappen der Lebensmittelproduktion, respektive der Lebensmittelsicherheit kennen und respektieren müssen.

Wie fast überall gibt es auch hier eine Ausnahme - der Eigenkonsum – das heisst dort wo das Wildbret vom Jäger im eigenen Haushalt genossen wird.

Qualitäten
Was ist Qualität? Es ist nicht möglich, dass jeder dieselben Qualitätsansprüche erwartet. Der Jäger als Erleger, der Metzger als Veredler und der Konsument als Geniesser des Wildfleisches – jeder hat seine eigenen Bedürfnisse und somit Erwartungen gegenüber dem Lebensmittel Wildbret.
Nur einige Beispiele von Qualitätsanforderungen von den unterschiedlichen Akteuren anhand von erlegtem Rotwild:

Der Jäger wünscht sich einen grossen, in der Trophäe starken Stier, der mit einem sauberen Blattschuss erlegt wurde.
Der Metzger wünscht sich ein junges Wild mit geringen (Schuss)Verletzungen, dass das Tier sauber aufgebrochen, rasch und korrekt abtransportiert und gekühlt wurde. Der Ankaufspreis sollte so tief wie möglich sein, da der Fleischfachmann damit sein Auskommen generieren muss. Einheimisches Wild sollte von der Qualität her auch mit Import- und/oder Zuchtwild mithalten können.
Der Konsument wünscht sich ein schön verpacktes, zartes Stück Wildfleisch ohne Fremdaroma.
Der Gesetzgeber erwartet vom Jäger, dass dieser die Selbstkontrolle korrekt ausführt. Diese Kontrolle beinhaltet die „Gute Herstellungs- und Hygienepraxis“, die Nachverfolgbarkeit der Lebensmittel, eine allfällige Probeentnahme, und das Beachten der kritischen Punkte bei der Lebensmittelproduktion. (z.B. Nur der Ein- und Ausschuss vor dem Zwerchfell ergibt das erwünschte Resultat der „Guten Herstellungspraxis“!)

Vom Wild zum Lebensmittel Wildbret
Jedes Wild, das erlegt und als Lebensmittel genutzt werden soll, wird durch bewusste Arbeitsschritte veredelt.
Durch das Respektieren dieser „Herstellungs- und Hygieneprozesse“ werden die verschiedenen Qualitätserwartungen beachtet.
Die hygienischen Qualitätserwartungen der Lebensmittelgesetzgebung
Die technologischen Qualitätserwartungen der Metzger und Köche
Die psycho-sozialen Qualitätserwartungen der Konsumenten

Diese Etappen bei der Wildbret Produktion müssen beachtete werden. Man spricht von den Geboten der „Guten Herstellungs- und Hygienepraxis“. Zu jedem Arbeitsschritt, wurde als Beispiel eine mögliche Gefahr aufgelistet.

1. Ansprechen
Das Wildtier wird korrekt angesprochen und der ersichtliche Gesundheitszustand wird beurteilt.
Gefahr: Krankes, abgemagertes Wild könnte in den Handel gelangen.
2. Erlegen
Durch die angebrachte Jagdmethode wird der saubere Ein- und Ausschuss vor dem Zwerchfell angetragen.
Gefahr: Ein schlechter Schuss verursacht beim Wild unnötig Stress oder das Fleisch wird eventuell sogar mit Panseninhalt verunreinigt.
3. Aufbrechen – Ausweiden
Mit dem fachgerechten Aufbrechen und Ausweiden wird eine Verunreinigung vermieden und das Auskühlen gefördert.
Gefahr: Das Wildbret kann durch krankmachende Bakterien verunreinigt werden.
4. Untersuchen
Während dem ganzen Herstellungsprozess wird das Wild, bzw. der Wildtierkörper auf Auffälligkeiten untersucht. Wenn Auffälligkeiten entdeckt werden, wird dieser Arbeitsprozess durch einen Spezialisten weitergeführt. Nur dieser ist fähig, die Genusstauglichkeit des Wildbrets zu beurteilen.
Gefahr: Wildkrankheiten (Zoonosen) könnten auf den Menschen übertragen werden.
5. Bergung
Raschen und gut organisiertes Abtransportieren muss im Voraus geplant sein.
Gefahr: Verunreinigen oder Verhitzen des Wildtierkörpers
6. Kühlung
Rasches Kühlen in einem professionellen Kühlraum und die Kühlkette nicht mehr unterbrechen sind das Fundament aller Lebensmittel-Produktionen.
Gefahr: Bei falschen Temperaturen vermehren sich die Keime rasant und können beim Verzehr von stark kontaminiertem Fleisch zu Lebensmittelvergiftungen führen.
7. Verarbeitung
Fachgerechtes Abhäuten, Zerlegen, Parieren und Portionieren des Wildtierkörpers zu Wildfleisch kann durch den Fachmann garantiert werden.
Gefahr: Durch unprofessionelle Vorgehensweise wird das Wildbret in seinem Wert vermindert.
8. Verkauf
Der Verkauf sollte mit Hinweis auf einheimisches Wildbret mit Bewusstsein und Stolz erfolgen.
Gefahr: Die Täuschung der Konsumenten mit falschen Angaben.
9. Ausbildung
Die Jägerschaft muss sich im Bereich Lebensmittelproduktion stetig Weiterbilden um den Qualitäts-ansprüchen zu genügen.

Gefahr: Fehler bei der Wildbret-Produktion durch Unwissenheit

Wie wird der brunftige Hirschstier zu Wildbret?
Die Problematik bei der Lebensmittelproduktion von Wildtieren in der Reproduktionszeit ist vor allem ein technologisches Qualitätsproblem. Für den Käufer ist ein strak brunftiger Hirsch oder ein rauschiger Keiler kein gesuchter oder idealer Einkauf.
Falls ein Hirsch, im aktiven Brunftgeschehen steht und erlegt wurde, sollten sich dem Erleger folgende Fragen gestellt werden.
- Wie stark war das Wild vor dem Schuss gestresst?
Problematik: Der pH-Wert des Fleisches ist verändert, dadurch kann das Fleisch nicht optimal reifen. Das Wildbret bleibt zäh, wässerig und schlecht lagerfähig.
- Wie stark ist das Wild durch diese zusätzliche Aktivität abgemagert?
Problematik: Die Fleischausbeute ist geringer
- Wie stark riecht der Wildtierkörper?
Problematik: Etliche Konsumenten wünschen sich kein zu starkes Wildaroma. (Ausgelöst durch Hormone, Urin, Stress, usw.)
- Habe ich einen Käufer, der solche Wildkörper korrekt veredeln will und kann?

Problematik: Für den Metzger, Koch ist die Herausforderung viel grösser diesen Wildtierkörper zu verarbeiten. Es ist mit einem grösseren Arbeitsaufwand und mit einer verminderten technologischen Qualität zu rechnen.

Vorgehensweise falls ein hoch brunftiger Rothirschstier erlegt wird
Der Hirschstier muss sofort korrekt aufgebrochen und ausgeweidet werden.
Die Geschlechtsorgane, inklusive der Harnröhre und -blase werden vorsichtig und vollständig entfernt.
Der rasche Abtransport und das Abkühlen in einem professionellen Kühlraum, am besten ohne die verunreinigte „Decke“ ist Pflicht.
Den Wildtierkörper rasch weiter verarbeiten. Nur die zarten Fleischstücke (Rücken und die zarten Teile des Stotzens) im Vakuum kurze Zeit reifen lassen. Die weniger zarten Fleischstücke (Hals, Brust, Schulter, Teile des Stotzens) sofort weiter verarbeiten.
Da es sich bei diesen Wildtieren oft um sehr grosse Tiere handelt, sollte mit dem Käufer ein offenes Gespräch geführt werden. Hier sollten die erkannten Qualitätsanforderungen in den Verkaufspreis einfliessen.

Fazit
Jedes erlegte Wild verdient grösste Sorgfalt bei der Wildbret-Produktion. Bei der Lebensmittelproduktion wird von allen Akteuren grosses Wissen und Können bei der Veredelung bis hin zur Vermarktung verlangt. Bei der Verarbeitung von grossen, alten und zum Teil in der Reproduktionszeit befindende Wildtiere wird vom Fachmann neben dem Können auch Kreativität verlangt. Nicht alle Konsumenten wollen grosse Fleischstücke, die zum Teil zäher und geschmacksintensiver sind einkaufen. Eine gute Alternativen um auch dieses zu respektierende Wildbret zu verwerten, ist das teilweise Verarbeiten zu Fleischprodukten, wie Wurst- oder Pöckelwaren.

Detaillierte Informationen befinden sich im Fachbuch
„Von der Wildbahn auf den Teller – Die fachgerechte Verwertung von einheimischen Wildbret“
Autor, Philippe Volery
Ott Verlag, 2. Auflage
ISBN 978-3-7225-0128-4
Preis CHF 34.00

Der Jäger und sein Schiessnachweis von Peter Pulver

Der Jäger und sein Schiessnachweis von Peter Pulver Der Staat – wer immer das ist – manipuliert laufend an diversen Schrauben und Schräubchen – und zieht diese häufig etwas an, meist so, dass immer nur bestimmte Schichten betroffen sind, welche bei Protesten keinen Widerhall im breiten Volk finden würden. So sind für einmal die Jäger betroffen. Diese «lustmordenden Bestien» (Originalzitate vorhanden!) müssen zum Schiesstest antreten. Ursprünglich war das an der Jägerprüfung der Fall. Dann fanden einzelne Kantone, man müsse das Treffvermögen der Jäger periodisch prüfen. Also führte man da und dort eine solche Regelung ein. Seit einiger Zeit treffen sich die Schweizer Fischerei- und Jagdverwalter zum jährlichen Meinungsaustausch, (genannt Fischerei- und Jagdverwalter Konferenz, nicht zu verwechseln mit der eine oder 2 Stufen höher angesiedelten Jagddirektorenkonferenz). Da werden Bestrebungen gepflegt zur kantonalen Nivellierung der Jagd im Hinblick auf gesamtschweizerische Regelungen. Ein durchaus positives Beispiel dieser Zusammenarbeit ist das erste gesamtschweizerische Lehrmittel als Vorbereitung zur Jägerprüfung. Es wurde betont, dass alles, was der Kandidat wissen müsse, in diesem Werk enthalten sei. Dennoch werden an div. kant. Prüfungen Fragen gestellt, welche in diesem Lehrbuch nicht behandelt werden. Die Prüfer reagieren auf Kritik gelassen, mit dem durchaus richtigen Argument, dass allfälliges Nichtwissen bei solchen Fragen nicht negativ gewertet werde. Ein eher negatives Beispiel ist der Versuch der Nivellierung der jagdlichen Minimalkaliber. Ein weiterer wichtiger Punkt scheint nun der Treffsicherheitsnachweis – wie er so schön heisst - für alle Jäger zu sein. In der eidg. Jagdverordnung ist seit 2012 ein Passus drin, welcher ein jährliches Schiess-Obligatorium verlangt. Der entsprechende Passus ist so gut getarnt, dass das BAFU dafür bemüht werden musste.
In der eJV Art. 2 2bis steht: «Zur Sicherstellung einer tierschutzgerechten Jagd regeln die Kantone bei den folgenden Hilfsmitteln :
a Feuerwaffen: die zugelassene Munition und Kaliber, die maximal erlaubten Schussdistanzen sowie den periodischen Nachweis der Treffsicherheit als Voraussetzung für die Jagdberechtigung.
Da steht nichts über den Zeitraum, in welchem dieser Schiessnachweis erbracht werden muss. Als erzfreisinniger Bürger stosse ich mich natürlich an solchen Begehren, indem ich Einsicht und Selbstdisziplin höher einschätze als verordnetes Tun. Es scheint aber nötig zu sein, gewisse Jäger zum Üben zu zwingen. Das mindestens zeigt sich an den in einigen Kantonen eingeführten jährlichen Schiesstests. Die Anforderungen an den Schiesstest sind schweizweit einheitlich, das ist zumindest gut. Das Programm umfasst je 4 Schüsse mit Kugel und Schrot. Erfüllt ist mit je 4 Treffern. Die einzelnen Kantone legen Wiederholungsfristen fest. Das variiert dann von 1 bis 4 Jahren. Im Kt. ZH ist – wenn wundert es – eine Einjahresfrist vorgesehen, im Kt. AG dagegen 4 Jahre. Die Schlüsse daraus sind einfach: die Aargauer schiessen besser als die Zürcher!? Die Konferenz der Fischerei- und Jagdverwalter empfiehlt eine jährliche Wiederholung. Es sollte eigentlich für jeden Jäger selbstverständlich sein, seine Waffe(n) und sich selbst auf Schiessfertigkeit zu prüfen. Jagdhornbläser wissen, wie wichtig regelmässiges Training ist, beim Schiessen ist es ebenso wichtig. Das Problem dabei ist, dass kein Jäger in der Selbsteinschätzung ein schlechter Schütze ist, genauso wie keiner, sich als schlechten Autofahrer einschätzt. Bei periodischen Prüfungen kommt aber die nackte Wahrheit ans Licht. Der Lernfähige wird einsichtig, vermehrt den Schiessstand aufsuchen, währende der Eigenwillige lediglich seine Tagesform anzweifeln wird. Es muss hier eingeräumt werden, dass das Angebot an jagdlichen Schiess- bzw. Trainingsmöglichkeiten nicht gerade üppig ist. Da und dort werden Schiessstände geschlossen, meist nicht aus eigenem Antrieb. Ersatz ist nicht vorhanden. Ein selbsterlebtes Beispiel: Ich habe nach langem mehr oder weniger geduldigem Warten gerade den ersten Schuss abgegeben und erwartete das Herankommen der Scheibe. Da tippt mir ein offensichtlich arg beschäftigter Jäger auf die Schulter und fragt mich, ob ich diese Scheibe für den ganzen Nachmittag gemietet hätte … Meine unendliche Güte und Toleranz sowie meine gute Erziehung behielten die Oberhand, und so übte ich mich in Verständnis für den Ungeduldigen. Es wäre eigentlich zu erwarten, dass der Bund, der ja den jährlichen Schiesstest für Jäger zu fordern scheint, sich auch um Schiessmöglichkeiten kümmern würde. Das VBS hat reichlich geeignete Schiessplätze zur Verfügung, welche mit etwas gutem Willen auch der Jägerschaft zur Verfügung stehen könnten. Da sind unsere (Jäger-)Kollegen im National- und Ständerat gefordert.
Das Positive am Ganzen ist, dass man (?) sich zumindest auf ein einheitliches Schiessprogramm einigen konnte.

Interessant ist noch die Anzahl der Jagdschiessstände in den einzelnen Kantonen:
AI, AR, BL, NW, SH, SZ, TG, ZG, je 1
AG, FR, GL, ZH, je 2
SO 3 OW 4, LU 7, SG 9, BE >20, GR > 80
In den Kantonen TI /VD / GE / JU / BS / NE sind keine Jagdschiessstände bekannt.
In den Kantonen Uri und Wallis wird aktuell kein Treffsicherheits-Nachweis, sondern nur ein Schiessnachweis (ohne Treffer) verlangt! Die Schiessnachweise aus diesen Kantonen gelten somit nicht als Treffsicherheitsnachweise nach JFK-Standard und werden in Kantonen mit eingeführtem Treffsicherheitsnachweis dadurch nicht anerkannt!
Näheres auf der Webseite der Fischerei- und Jagdverwalter: www.jfk-csf.ch

Der Silberne Bruch gibt Laut!

Der Silberne Bruch gibt Laut!

Der Silberne Bruch ist ein internationaler Orden mit dem Ziel : Schutz von Wald, Wild und Flur und Förderung einer weidgerechten Jagd. Der Bruch ist ein Zeichen des Jägers , welcher Respekt vor dem erlegten Wild ausdrückt. Silber steht für die Bindung an die Ordensziele und der Goldene Ring versinnbildlicht die Geschlossenheit und Freundschaft innerhalb unserer Gemeinschaft. Der Silberne Bruch teilt sich in Landesgruppen Schweiz, Oesterreich, Deutschland, Frankreich und Fürstentum Liechtenstein auf. Auf der Grundlage unserer Ordensregel und der Ordensordnung ist das Zusammenleben demokratisch verfasst. Die individuelle Freiheit im Denken und Handeln der Mitglieder bleibt in diesem Rahmen gewahrt. Seit gut zwei Jahren, darf ich den Orden als deren Ordensoberst leiten.
Alljährlich bearbeitet der Silberne Bruch unter anderem an einem zweitägigen Workshop ein spezielles Jahresthema. 2015 widmeten wir uns dem provokativen Thema „ Jagen- Töten aus vernünftigem Grund“. Das Töten von Tieren wird in der heutigen urban geprägten Gesellschaft zunehmend hinterfragt. Ist es ethisch vertretbar Tiere in der Natur zu töten? Ist es nötig Wildbestände nach menschlichem Vorstellungen zu regulieren? Braucht es Ruhezonen für das Wild, ohne Beunruhigung durch die Jäger, die „nur ihrer Lust frönen“? Tiere sollen als Subjekte quasi einen „Menschenrechtsstatus“ bekommen. Auf der anderen Seite weiss jeder aufgeklärte Mensch, dass es ein Leben ohne Tod nicht gibt. Damit müssen wir Jäger uns künftig immer mehr auseinandersetzen. Das Resultat aus unserem Workshop haben wir in der Broschüre „Jagen – Töten aus vernünftigem Grund“ festgehalten und mit einem Merkblatt „Unsere Argumente“ zusammengefasst. Die Broschüre kann auf unserer Webseite www.silberner-bruch.eu heruntergeladen werden.
2016 bearbeiteten wir das Thema „ Moderne Technik auf der Jagd-Segen oder Fluch? Die Jagd steht einerseits vor neuen Entwicklungen mit Smartphones, mit GPS, mit Nachtziel- und Nachtsichtgeräten, mit Echtzeitübermittlung von Bildern von Wildkameras, mit Drohnen zum Aufspüren und zum Beobachten des Wildes, oder Weitschusswaffen mit vermeintlicher guter Treffsicherheit auf über 500m Distanz. Andererseits steht dem gegenüber die Bogenjagd eine jahrtausende alte Jagdkultur, heute mit modernen Pfeilbogen ausgeübt. Ist das alles noch weidgerecht? Wollen wir das? Die Frage ist dabei nicht nur , ob wir Jäger mitmachen wollen oder nicht. Die Jägerschaft wird sich mit all diesen Themen aktiv auseinander setzen müssen und Position beziehen müssen!
Für dieses Jahr steht das Thema „Schutz und Entwicklung der natürlichen Lebensgrundlage (Biotophege) an. Wir wollen unsere unlösbare Verbundenheit mit der gesamten Umwelt diskutieren. Wir wollen die Netzwerke zu anderen interessierten Anspruchsgruppen wie Forst , Landwirtschaft, Naturschutz etc stärken und zudem wollen wir uns nicht nur für jagdbares Wild einsetzen, sondern auch für die Vernetzung von Lebensräumen und Menschen.
Die Landesgruppe Schweiz des Silbernen Bruchs organisiert zudem jedes Jahr in der Schweiz Ende August eine „Erschwerte Schweissprüfung“. Es handelt sich dabei um eine Schweissprüfung , 1000m Länge, 24 Stunden Stehzeit, ohne Richterbegleitung. Alljährlich werden zu dieser Schweissprüfung 12 Hundegespanne mit möglichst verschiedenen Rassen zugelassen.
Die Vielzahl der in unserer Gemeinschaft vertretenen Berufe, Erfahrungen im Naturschutz, der Landschaftspflege und der Jagd ergeben eine wirkungsvolle Unterstützung für unsere Anliegen. Wir suchen auch die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen um gemeinsam die Verantwortung für den Schutz von Wald Wild und Flur und die Förderung einer weidgerechten Jagd zu übernehmen.
Seit mehr als 35 Jahren darf ich auf der Südseite der Churfirsten im Revier Walenstadt die Hochjagd ausüben. Fast gleich lang bin ich auch leidenschaftlicher engagierter Schweisshundeführer. Ich jage mit Passion, Freude und Verantwortungsbewusstsein für den Schutz unserer Umwelt und für eine freiheitliche Jagd. Ich setze mich auch ein für eine regelmässige Information der Oeffentlichkeit und für eine gezielte, effiziente Weiter- und Ausbildung der Jägerschaft ein.
Bruno Röthlisberger Walenstadt , Ordensoberst des Silbernen Bruch
Walenstadt 02. Februar 2017

Tiere im Verkehr – ein Wildunfall und seine Herausforderungen

Unfälle mit Tieren gehören im Strassenverkehr leider zur Tagesordnung. Jedes Jahr kommen auf Schweizer Strassen mehrere zehntausend Tiere wie Rotwild, Rehe, Füchse, Dachse, Marder, Igel und Amphibien um – oft auf qualvolle Weise. Die Dunkelziffer vor allem bei Unfällen mit Wildtieren ist aus verschiedenen Gründen recht hoch.

Gemäss Strassenverkehrsgesetz (SVG) sind Kollisionen mit Tieren (auch Wildtiere) meldepflichtig. Das heisst: Die Polizei ist unverzüglich zu benachrichtigen. Gelegentlich kommt es zur direkten Benachrichtigung des mit jagdpolizeilichen Funktionen betrauten Wildhüters oder eines Jagdaufsehers. Der Grund ist, dass angefahrene Wildtiere, sofern sie nicht sofort tot sind, in der Regel die Flucht ergreifen. Später verenden sie je nach Art und Schwere ihrer Verletzung irgendwo qualvoll. Darum ist neben der Schadensregelung mit der Versicherung wichtig, dass die Polizei, der Wildhüter oder der Jagdaufseher die Nachsuche nach dem angefahrenen und verletzten Tier organisieren können, damit das Tier professionell versorgt wird oder von seinem Leiden erlöst werden kann.

Wer einen Wildunfall vertuscht oder verspätet meldet, kommt mit dem Gesetz in Konflikt. Neben dem Strassenverkehrsgesetz (SVG) ist zudem die Tierschutzgesetzgebung zu beachten, welche für fehlbare Automobilisten sowohl strafrechtliche Folgen als auch administrative Massnahmen im SVG zur Folge haben können.

Unter Umständen kommt es auch zu Problemen mit der Autoversicherung. Die Teil- oder Vollkaskoversicherung vergütet Wildtierschäden in der Regel nur dann, wenn die Kollision mit Reh, Hirsch oder Fuchs amtlich dokumentiert ist. Ein offizielles Schadensprotokoll stellen Polizei, Wildhüter oder private Jagdaufseher aus.

Wie sieht die Praxis im Kanton St.Gallen aus?

Wildunfälle sollen der Notrufzentrale 117 (KNZ) in St.Gallen gemeldet werden. Je nach Fall wird eine Polizeipatrouille, der Wildhüter (v.a. auf Nationalstrassen und in Nichtjagdgebieten) oder der Jagdaufseher des betroffenen Jagdreviers aufgeboten. In der Umsetzung bedeutet das: Der Polizist, der Wildhüter oder der Jagdaufseher, dem der Fall anvertraut worden ist, ist für die Fallbearbeitung zuständig. Dabei geht es nicht nur um das Erstellen des Schadensprotokolls zuhanden der Versicherung, sondern auch um das Tier. Vielleicht ist es verletzt und muss nachgesucht werden. Sollte das Tier tot sein, gilt die Aufmerksamkeit der fachgerechten Entsorgung. Nach diesen zum Teil aufwändigen und zeitraubenden Arbeiten soll eine Rückmeldung bzw. Erledigungsmeldung an den „Auftraggeber“ (KNZ St.Gallen) erfolgen.

Herausforderungen

Es zeigt sich, dass die Bearbeitung eines Wildunfalles sowohl für Polizei und Wildhüter als auch für private Jagdaufseher – vor allem hinsichtlich ihrer Befugnisse – eine grosse Herausforderung darstellt. In der Praxis verfügen private Jagdaufseher über hohe Kompetenzen im Bereich „Wild“ und dessen Verhalten, oftmals stehen sie aber vor folgenden Fragen:

  • Darf oder soll ich als privater Jagdaufseher für die Erledigung der Schadenmeldung, beispielsweise Papiere, Führer- und Fahrzeugausweis des Fahrzeuglenkers, verlangen?
  • Wie verhalte ich mich, wenn zusätzlich die Fahrtauglichkeit des Lenkers in Frage gestellt wird?
  • Was unternehme ich, wenn ich mit zweifelhaften Unfallschilderungen konfrontiert werde?
  • Wie gehe ich mit schwierigen Beteiligten oder mit Emotionen in der Öffentlichkeit um?

Ich vertrete die Haltung, dass sowohl Polizei bzw. Wildhüter als auch private Jagdaufseher eine Schadensmeldung nur dann korrekt erledigten können, wenn ihnen die dafür nötigen Unterlagen vorliegen. In der Konsequenz gehört dazu die Frage nach den Papieren. „Darf ich ihre Ausweise sehen, damit ich das Unfallprotokoll richtig ausfülle?“, kann für private Jagdaufseher ein mögliches Vorgehen sein. In Anbetracht des Umstandes, dass der Unfallbeteiligte etwas von uns will (Bestätigung für die Versicherung), dürfte die Erhebung der Angaben anhand der verlangten Papiere unproblematisch sein. Sollten trotzdem Probleme auftreten oder Zweifel aufkommen, beispielsweise an der Fahrfähigkeit, am technischen Zustand des Fahrzeuges oder an allenfalls nicht plausiblen Schilderungen des Unfallherganges, ist es ratsam – sogar zwingend –, die Polizei beizuziehen.

Zusammenarbeit und Kommunikation

Die Polizei ist auf die gute Zusammenarbeit und eine gute Kommunikation mit Wildhütern und privaten Jagdaufsehern angewiesen. Ich darf aus meiner Sicht feststellen, dass vor allem die operationelle Zusammenarbeit in der Alarmierung gut funktioniert. Im Bereich „Auftragserledigung und Rückmeldung“ ist es Pflicht der Polizei und der Wildhüter eine Rück- oder Statusmeldung zu machen. Private Jagdaufseher sind sich dieser „Rückmeldepflicht“ weniger bis gar nicht bewusst. Die Polizei ist aber sehr dankbar, wenn eine kurze Erledigungsmeldung an die KNZ St.Gallen erfolgt.

Namens der Polizei danke ich für den wertvollen Einsatz zum Wohle von Mensch und Tier.

Valentin Aggeler

Gib Laut! von Barbara Hulsbergen

Gib Laut! von Barbara Hulsbergen Noch ist es ganz ruhig und still im Wald. Doch spürt man, dass die Spannung steigt. Die Hunde sind zunehmend übermütig und können sich kaum mehr darauf konzentrieren, an der Leine zu gehen. Bald ist es soweit! Ein kurzer Check: Sitzt die Sicherheitsweste, das Ortungsgerät? Habe ich alles dabei: Messer, Munition, Horn, Hundepfeife ..? Und schon gehts los – der Trieb ist angeblasen. Die Hunde werden geschnallt. Welche Erlebnisse wird wohl der heutige Tag mit sich bringen? Was wird zur Strecke kommen? Schon sind Hunde fährtenlaut unterwegs. Erste Schüsse fallen.

Dass ich als jagende Frau eine Ausnahmeerscheinung bin, daran konnte ich mich gut gewöhnen. Die meisten Jäger nehmen mich denn auch als gleichwertige Kameradin auf. Die meisten. Viele fragen mich, warum ich mir denn das antue und mich als Hundeführerin, zusammen mit den Treibern, durch dickste Dornendickungen quetsche. Zum Teil auf den Knien rutschend, anstatt gemütlich auf einem Drückjagdstand zu sitzen.

Was mich daran fasziniert, als Jägerin und Hundeführerin bei Drückjagden oft als Durchgehschützin mitzugehen? Die Nähe zum Geschehen. Es ist enorm schön und auch spannend, den Hunden bei der Arbeit zuzuschauen. Grosse Freude kommt auf, wenn der eigene Hund dann auch Wild hochmacht und dieses gebührend verfolgt. Noch schöner ist es, wenn ein Schütze dieses Stück ordentlich und sauber erlegen kann. Ebenso sind oft kranke Stücke zu binden und zu erlegen. Das funktioniert meistens nur als eingespieltes Team von Hund und Führer.

Niemals möchte ich es wagen, ohne guten Hund zu jagen.
So er fehlt, wo's immer sei, wird die Jagd zur Luderei.

Schön, wenn am Schluss beim Streckelegen alle zufrieden, unverletzt und müde sind. Ich bin mir dann auch nicht zu schade, wenn es noch Kontrollsuchen und/oder Nachsuchen zu machen gibt. Das gehört ebenso zur weidgerechten Jagd dazu, wie das Streckeverblasen und der gesellschaftliche Abschluss beim Aser.

Als Kind wollte ich immer einen Hund haben. Ich bekam eine Katze und ein Meerschweinchen. So kam ich erst als erwachsene Frau zum Hund. Mit einem Terrier, bald einem zweiten, stand dann bald die Frage im Raum: Wie beschäftige ich meinen Hund? So fand ich den Weg zur Jagd, das heisst: Als Erstes durfte ich als Treiberin mit. Und dann war es geschehen um mich: das Fieber, die Faszination der Jagd hat mich gepackt. Das war vor etwa zehn Jahren. Es folgten eine Bayerische Gebirgsschweisshündin, natürlich der Jagdschein und etliche Jagdeinladungen. Mit dem Umzug aus geschäftlichen Gründen, vom Zürichsee ins St. Galler Rheintal, konnten mein Mann und ich uns sehr schnell einem Revier anschliessen, in welchem wir beide seit 2010 Pächter sind. Ich liebe den Ansitz und die damit verbundene Ruhe in der Natur. Fasziniert bin ich aber von der Bewegungsjagd. Vor allem auf Schwarzwild.

Zudem durfte ich mir vor bald drei Jahren den grossen Traum eines Vorstehhundes verwirklichen: Ein Weimaraner-Rüde aus einer deutschen Leistungszucht zog bei uns ein. Dieser Hund ist eine Lebensschule. Ich bildete ihn selber aus und führte ihn sehr erfolgreich auf vielen Prüfungen, u. a. die Verbandsprüfungen bis zur Meisterprüfung, der VGP. Sein Talent, Fährten auszuarbeiten, ermöglichte auch, dass ich mit ihm die 1000 m-Fährtenschuhprüfung TKJ als Suchensieger absolvieren konnte. Fährtenarbeit und Wasserjagd – sie sind seine Passion.

2014 zog dann eine Weimaraner-Hündin, ebenfalls aus einer deutschen Leistungszucht nach. Sie wird in diesem Jahr noch einiges vorhaben. Auf diese Herausforderung, einen zweiten Vorstehhund abzurichten, freue ich mich sehr. Und dann darauf, nach erfolgreichen Prüfungen im Herbst 2015 mit zwei Grauen zur Jagd zu ziehen.

Im Schilfrohr heute und morgen im Feld.
Im Walde verwiesen oder verbellt,
Raubzeug gewürgt, das Verlorene gebracht.

Das ist es, was den Gebrauchshund macht.

 

Barbara Hulsbergen


Gib Laut, Heiliger Hubertus, von Bischof Markus Büchel

Kürzlich habe ich auf einer Autofahrt in der Dämmerung eine Gruppe Rehe am Waldrand gesehen. Es fiel mir schwer, beim Anblick der Tiere an Jagd zu denken. Ein „gib laut“ der Jäger, wenn sie ihre Hunde zum Stöbern auffordern, wird nicht von allen Menschen verstanden. Das ist nicht gerechtfertigt – anders ausgedrückt – Jäger leiden immer wieder unter Imageproblemen.
Das erleben Kirchenverantwortliche und die Jäger ähnlich.
Die Rehe am Waldrand haben mich sofort an die Legende des Heiligen Hubertus erinnert. Er war ein Adliger, der ein unbeschwertes Leben führte. Seine Ehe war glücklich, die Jagd sein bevorzugter Zeitvertreib. Als seine Frau starb veränderte sich Hubertus, vom fröhlichen jungen Mann war bald nichts mehr zu spüren.
In seiner Verzweiflung unterschied er nicht mehr zwischen Recht und Unrecht und seine Jagdausflüge wurden zügellos. Hubertus hatte alles verloren, auch den Glauben an das Gute in der Welt. Die Begegnung mit einem Hirsch, der ihm ohne Furcht entgegentrat und ein strahlendes Kreuz zwischen seinen Geweihstangen trug, veränderte sein Leben noch einmal gänzlich. Hubertus fand in seiner Berufung zum Priester zurück zu einem glücklichen, erfüllten Leben.
Dass die Jäger Hubertus zu ihrem Schutzpatron erwählt haben und an vielen Orten Anfang November die Hubertus-Messe feiern freut mich. Im Gedenken an Ihn haben Sie es sich zur Aufgabe gemacht, Wild und Wald in gottgefälliger Weise zu hegen und zu pflegen. Das bedeutet nicht zu jagen um des Tötens willen, sondern um die Wildbestände in angemessener Grösse zu halten und ein Gleichgewicht zwischen den Wildtieren und den Bedürfnissen der Forst- und Landwirtschaft zu halten. Dass auch Freude an der Jagd und an der Beute sowie kulinarischen Genüssen dazu gehört, ist für mich selbstverständlich.
Als zweites zeigt die Legende von Hubertus, dass wir Menschen auch Lebenskrisen erleben müssen. Persönlich hilft mir zentral der christliche Glaube, die Hoffnung die wir an Weihnachten oder Ostern feiern: Gott wird Mensch, Jesus-Christus stellt sich selber einem brüchigen, menschlichen Leben.
In guten wie in harten Zeiten bin ich zudem froh um mein tragendes Netz aus Familie, Freunden, Mitarbeitenden. Sie dürfen auch auf das tragende Netz im Jagdverein zählen, auf Kameradschaft und gegenseitige Unterstützung. Der Dienst an einer gemeinsamen Sache und die Freude daran stärkt ihren Zusammenhalt. Und es tut gut, wenn wir in gelungenen wie in schwierigen Zeiten unseren Kameraden gegenüber „Laut“ geben dürfen.
Auch hier sind wir Kirchenleute als Glieder einer grossen Kirchengemeinschaft gar nicht so weit entfernt von einem Jägerverein. Gemeinschaft aus dem Geist des heiligen Hubertus heisst, dass Freude und Hoffnung wie Trauer und Angst der Menschen uns alle betreffen und von allen geteilt werden sollen. Aber auch in diesem hohen Anspruch haben wir nicht immer Treffer…
Weidmannsheil und ein schönes Hubertusfest wünsche ich Ihnen!
Bischof Markus Büchel

Gib Laut! von Peter Eggenberger, Wildhüter a.D.

Am Ende eines Jahres schaut man gerne zurück und es setzt einem die persönlichen Niederlagen und Erfolge nochmals deutlich vor die Augen. Was habe ich gut gemacht, was ist falsch gelaufen?
So geht es mir auch, jetzt wenige Tage vor der Pensionierung als Wildhüter, dem Traumberuf meiner Kindheit, welcher ich doch mehr als zwanzig Jahre ausüben dürfte.
In den ersten 26 Jahren meiner beruflichen Tätigkeit durfte ich den forstlichen Hut tragen. Bäume fällen, neue Wälder begründen und in der Waldpflege Minderheiten wie Eiche und Kirsche fördern. In steilen Bergwäldern arbeitete ich in den Lawinen- und Bachverbauungen, und auch in Deutschland durfte ich meine forstlichen Erfahrungen erweitern. Es störte mich denoch, dass es in sehr vielen Fällen nur um Hiebsatz, Ertrag und Gewinn ging. Viele Sachen, welche einem Herz und Sinn erfreuten, wie der balzende Auerhahn oder auch die knorrige alte Eiche, oder der Feldhase im moorigen Riet waren in der ertragsreichen Forst- und Landwirtschaft nicht gefragt.
So frage ich mich auch, sind wir als Jäger besser? Sind wir mehrheitlich nur auf Beute oder Trophäe aus? Kennen wir auch die nichtjagdbaren Tiere des Waldes und der Flur, die kleinen Wunder und Geheimnisse am Wegesrand? Streben wir wie im beruflichen Leben- wie auch auf der Jagd nur nach grossem Erfolg?
Reden wir wie der Forst nach Schäden, wenn pflanzenfressende Wildtiere gewisse Vegetationsräume stark beanspruchen. Auch die Landwirtschaft spricht von Schäden, wenn Rabenvögel und Wildsauen sich an Feldsaaten gütlich tun. Sind wir anders? Es gibt doch etliche von uns, welche die Beutegreifer, Steinadler, Luchs und Wolf etc. als Nahrungs- bzw. Beutekonkurrenten verteufeln.
Wir reden auch davon, dass es in unserer Kulturlandschaft keinen Platz mehr habe, je nachdem welcher Interessengruppe wir angehören, geht es einmal um den Rothirsch, das Wildschwein oder den Wolf.
Und doch sie alle kehrten in ihre alte Heimat mit und ohne menschliche Hilfe zurück. In den vergangenen zwanzig Jahren sind doch auch bei uns in der Region, Wildschwein, Luchs, Biber und Bartgeier wieder heimisch geworden. Ich glaube, wir müssen allen Tieren und Pflanzen auf unserem geplagten Planeten das Lebensrecht zugestehen. Jede Art, ob gross oder klein, hat in der Ökologie ihre Aufgabe, und wenn sie nur dazu dient, - von einer anderen Art gefressen zu werden.
Die Welt hat sich innerhalb der letzten 60 Jahre gewaltig verändert, nicht nur im Positiven. Die Menschheit hat sich in diesem Zeitraum weltweit fast verdreifacht. Nur spricht keiner von menschlich ausgefülltem Lebensraum , es geht nur um Wachstum um jeden Preis.
Und trotzdem freuen wir uns doch, wenn wir in unseren Wäldern und Bergen noch jagdlich umherstreifen dürfen. Geniessen wir den Augenblick des Innehaltens, der Freiheit und des Glücks.
Setzen wir uns ein, für den Erhalt unserer heimischen Natur – sie ist wunderschön.
Peter Eggenberger, Wildhüter a.D

Jagen in der Schweiz - oft auch eine politische Frage

Wir alle jagen mit Passion und Freude! Die Ausübung der Jagd ist in Gesetzen, Verordnungen und Weisungen geregelt. Der Bund gibt die Rahmenbedingungen vor, welche die Kantone einzuhalten haben. Natur- und Tierschutzorganisationen, aber auch die Landwirtschaft und der Forst fordern sowohl auf Bundes- wie Kantonsebene laufend Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen. Dies bedeutet in der Regel neue Vorschriften und Einschränkungen. Während sich Jagdverbände wie Revierjagd St.Gallen auf kantonaler Ebene für die Erhaltung einer freien Volksjagd einsetzen, ist dies auf nationaler Ebene Aufgabe von JagdSchweiz.

JagdSchweiz verfolgt die politischen Geschäfte mit einem systematischen Monitoring und pflegt einen engen Kontakt mit den jagenden Bundesparlamentariern. Die aktuellen politischen Themen werden in jeder Session mit der Gruppe „Jagd und Biodiversität“ besprochen und nötige Massnahmen festgelegt. Zu Gesetzesvorlagen und Verordnungen welche die Jagd direkt oder indirekt betreffen, nimmt JagdSchweiz Stellung. Dazu gehören auch Interventionen bei der Bundesverwaltung und bei kantonalen Behörden. Der Verband besitzt das Verbandsbeschwerderecht und setzt es wenn nötig für seine Mitglieder wirkungsvoll ein.

Der Umgang mit dem Grossraubwild beherrscht die nationale Politik seit mehreren Jahren. Während insbesondere der Luchs in zahlreichen Regionen der Schweiz die Reh- und Gämsbestände erheblich reduziert, lässt ein sachgerechtes Management, sprich eine Regulierung der Luchsbestände auf eine für die Schalenwildarten tragbare Dichte, immer noch auf sich warten. Ähnlich sieht es beim Wolf aus. Mit viel Geld und zusätzlicher Arbeit der Tierhalter wird alles unternommen, um die Nutztiere mit Herdenschutzmassnahmen zu schützen. Es ist aber damit zu rechnen, dass sich rasch weitere Wolfsrudel bilden und die Bestände stark ansteigen. Diese Entwicklung wird nicht nur die Nutztierhaltung treffen, sondern auch erhebliche Auswirkungen auf die Schalenwildbestände haben. Aus diesen Gründen ist es dringend notwendig, die Regulierung der Wolfsbestände zu ermöglichen und dort wo nötig auch vorzunehmen. Dafür setzt sich JagdSchweiz ein. Die Grundlage dazu wurde in der Jagdverordnung geschaffen, jetzt geht es um eine sachgerechte Umsetzung!

Die Grossraubwildfrage ist aber nur ein Teil der Arbeit. Bei der Änderung des Lebensmittelgesetzes geht es darum, den Jägern nicht eine unnötige obligatorische Fleischschau für das Wildbret vorzuschreiben. Überschreiten lokal oder regional Wildschäden im Forst das tragbare Mass, haben Forst und Jagd gemeinsam Lösungen zu suchen und umzusetzen. Die Haltung Wald vor Wild ist nie zielführend, Wald und Wild bilden eine natürliche Symbiose. Weiter gilt es sich gegen die um sich greifende Verbotskultur anzutreten: Verbot von Wildkameras, Verbot von konventioneller Bleimunition, Verbot der Auslandjagd, Verbot der Jagd auf Waldschnepfen, usw. Waidgerechte Jagd in Freiheit basiert auf Selbstverantwortung und nicht auf einer Flut neuer Verbote. Dafür setzt sich JagdSchweiz ein!

Die Angriffe auf eine freiheitliche Jagd wiederholen sich regelmässig, sowohl auf kantonaler wie eidgenössischer Ebene: Jagdverbot im Kanton Genf, Abschaffung der Treibjagd im Aargau, Motionen zur Einschränkung oder Abschaffung der Jagd in Neuenburg und Basel Stadt, Initiativen zur Abschaffung der Sonderjagd bzw. für eine naturverträgliche und ethische Jagd in Graubünden sind nur einige Beispiele. Eine regelmässige Information der Öffentlichkeit über die Jagd und die Tätigkeit der Jäger ist eine zentrale Aufgabe. Eine gut informierte Bevölkerung ist besser in der Lage Initiativbegehren zu beurteilen. Parlamentarier die den Nutzen der Jagd kennen, lehnen Vorstösse welche die Jagd einschränken wollen eher ab. Die Erfahrungen zeigen, dass intensive Informationskampagnen vor Abstimmungen notwendig sind, aber eine weit bessere Wirkung erzielen, wenn die Bevölkerung bereits eine positive Einstellung zur Jagd und Jägern hat. Eine regelmässige Öffentlichkeitsarbeit auf nationaler und regionaler Ebene ist daher eine wichtige Aufgabe und ist weiter zu stärken. JagdSchweiz unterstützt die Sektionen und ihre Mitglieder mit Informationsmaterial, Vorlagen und Erfahrungsaustausch. Jeder Jäger ist gefordert. Weidmännische Verhalten und offene, ehrliche Gespräche mit Nichtjägern ist die Grundlage für eine positive Wahrnehmung und der beste Schutz für eine freiheitliche Volksjagd!

Hanspeter Egli

Präsident JagdSchweiz

Tuberkulose, eine (fast) vergessene Krankheit

Obwohl Tuberkulose in den Frühstadien manchmal übersehen wird, vergessen können und dürfen wir sie nicht. Gerade wir Jäger in Zentraleuropa sind durch die Tbc bei Rotwild sehr unangenehm mit der realen Bedrohung durch diese Krankheit konfrontiert worden.

Was macht Tuberkulose so besonders im Vergleich zu anderen Infektionskrankheiten? Es sind einerseits die Eigenschaften einer Zoonose, der Befall von Mensch und Tier, die gegenseitige Ansteckungsmöglichkeit, auch zwischen verschiedenen Tieren, z.B. Rotwild und Rindern. Heute fast ausgeschlossen ist der früher häufigste Infektionsweg auf den Menschen über Kuhmilch. Die zweite, sehr unangenehme Eigenschaft, ist die sogenannte latente Infektion. In dieser Latenzphase trägt das Lebewesen einen abgekapselten, vom Immunsystem unterdrückten Herd mit noch vitalen Tuberkelbazillen in sich. Der Träger, Mensch oder Tier, ist völlig gesund und nicht ansteckend. Es kann aber jederzeit bei Schwächung des Immunsystems durch Hunger, Dauerstress, andere Erkrankungen zu einer Aktivierung, Krankheit und Ansteckungsgefahr bei „offener“ Tuberkulose kommen. Diese Latenzphase ist gerade bei Wildtieren eine lebenslange „Zeitbombe“, äußerlich zu Lebzeiten nicht erkennbar und meistens nur durch Untersuchung bestimmter Lymphknoten, vor allem aus dem Halsbereich, nachweisbar.

Ein paar Zahlen und Fakten zur Tbc. beim Menschen: Weltweit ist Tbc nach wie vor die häufigste Infektionskrankheit, 1/3 der Weltbevölkerung ist infiziert, vor allem in der 3. Welt. Neuerkrankungen / Jahr: Weltweit 8.7 Millionen, Schweiz 550, Österreich 800, Vorarlberg 20. Nur ca. 5% der Infizierten erkranken in den ersten 2 Jahren, weitere 5% nach einer Latenzphase im Lauf des Lebens, oft erst im hohen Alter. Normalerweise ist Tbc gut behandelbar, Probleme machen multiresistente Keime durch unzureichende Behandlung in Osteuropa, Asien, Afrika, die manchmal nach Europa „exportiert“ werden.

Probleme der Tbc bei Wildtieren: Durch die lange Latenzphase (u.U. lebenslang) als Reservoir ist die Tbc sehr schwer aus befallenen Wildbeständen zu eliminieren. Der Austausch zwischen Rotwild und Rindern, vor allem auf Hochalpen, ist eine Bedrohung der Viehbestände, besonders der Milchwirtschaft. Auch Dachse(England), Rehwild , Schwarzwild können befallen sein.

Aufgaben der Jäger: Erkennen und Erlegen von kranken/ krankheitsverdächtigen Tieren, unbedingte Vorlage zur Untersuchung (ebenso verdächtiges Fallwild, Verdachtsfälle beim Aufbrechen). In Endemiegebieten (wo Tbc schon nachgewiesen wurde) Stichprobenuntersuchungen zum Nachweis des Durchseuchungsgrades . Langfristig Reduktion überhöhter Rotwildbestände (wichtigste Maßnahme!), bei Fütterungsbetrieb dementsprechende Hygiene (keine Beengtheit, Kalkung am Ende der Periode, Mist ein Jahr kompostieren vor Ausbringung).

Zusammenfassung: Tbc wird uns noch lange begleiten, sie ist nicht hoch ansteckend, sondern gefährlich durch die lange Latenzphase als Reservoir und „Zeitbombe“, vor allem bei Wildtieren. Die Übertragung von Tier auf Mensch ist heute sehr unwahrscheinlich. Am wichtigsten ist wachsam sein, daran denken und rechtzeitig Maßnahmen ergreifen, vor eine Epidemie (mehr als 30% Durchseuchungsgrad) ausbricht. Transparenz und Ehrlichkeit sind gefragt, nicht Vertuschung.

Sicheres Schiessen muss geübt werden

Grüne Kleidung, Feldstecher und Jagdpass machen noch keinen Jäger. Es wird selten klar gesagt und doch ist es so, das oberste Ziel jedes Jägers und jeder Jägerin ist das Erlegen eines Wildtiers mit der Jagdwaffe.

Das Schiessen ist ein jagdliches Grundhandwerk, das in der Praxis nicht genügend geübt werden kann. Der eigentlichen Schussabgabe gehen Stunden oder gar Tage voraus, in denen das Wild gesucht, beobachtet, verfolgt oder vom Ansitz aus erwartet wird. Plötzlich steht das Wild vor der Flinte und man muss sofort entscheiden, den Abzug zu drücken oder eben nicht. Genau dieser Moment, oft nach einer langen Pirsch- oder Jagdzeit, entscheidet über Tod oder Leben, über Beute oder erfolglose Jagd, über sauberes Ende oder unnötiges Leid.

Hier zeigt sich letztlich, wer das wichtigste Handwerk der Jagd, das Schiessen, geübt hat und beherrscht. Hier tragen wir Jäger und Jägerinnen eine enorme Verantwortung, die uns vom Gesetzgeber und der Allgemeinheit zugestanden wird.

Die Farbe der Jägerkleidung, das Modell des Fahrzeugs, die Grösse des Feldstechers oder ob das Weinglas in der rechten oder linken Hand gehalten wird, solche Fragen sind unbedeutend im Vergleich zu dieser Verantwortung. Der Schuss muss treffen. Dabei geht es nicht nur um das Wohl des Tieres. Es geht auch um die Sicherheit von Mensch, Tier und Objekt. Ein guter Schuss ist auch der erste Schritt der Wildbrethygiene zur Produktion von hochwertigen Nahrungsmitteln. Und bei gewissen Wildarten geht es auch um die Erfüllung der Abschusspläne.

Treffsicherheit kommt nicht von alleine. Sie muss geübt werden, und zwar immer wieder. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden wurde der jagdliche Treffsicherheitsnachweis geschaffen. Dieser periodisch zu erbringende Nachweis wurde in der revidierten eidgenössischen Jagdverordnung am 15. Juli 2012 (Art 2bis) als Voraussetzung der Jagd-berechtigung verankert. Die Kantone sind für die Umsetzung verantwortlich. Die Details werden im Kanton St.Gallen zurzeit mit der Teilrevision des kantonalen Jagdgesetzes ausgearbeitet. Das Schiessprogramm wird für alle Kantone einheitlich sein, damit die Vergleichbarkeit und gegenseitige Akzeptanz gewährleistet sind. Diese Pflicht soll nicht als Last betrachtet werden, sondern als Selbstverständlichkeit in Respekt gegenüber dem Wildtier und der Allgemeinheit.

Zum Glück kann das Schiesstraining, ob mit Flinte oder Büchse, auch richtig Spass machen. Und mit Freude geht alles viel einfacher. An dieser Stelle gebührt allen, welche den jagdlichen Schiesssport ermöglichen, fördern und umsetzen, ein ganz grosser Dank. Ich ermuntere Sie, bei nächster Gelegenheit an einem Jagdschiessen teilzunehmen. Weidmannsdank.

Dr. Dominik Thiel, Leiter des Amtes für Natur, Jagd und Fischerei Kanton St.Gallen

Jagd übernimmt Verantwortung

Die Teilrevision des kantonalen Jagdgesetzes und die Beilegung des Rechtsstreits im Wildschadenfall Werdenberg sind zwei der Themen, die mich im zu Ende gehenden Jahr beschäftigten.

Im Herbst 2011 hatte die Regierung den Entwurf des revidierten Jagdgesetzes in die Vernehmlassung gegeben. Im Vordergrund standen die Neuordnung der Finanzierung sowie eine klarere Aufgabenteilung bei der Reviervergabe zwischen Kanton und Gemeinden. In der Vernehmlassung zeigte sich jedoch, dass zentrale Elemente der Vorlage kritisch beurteilt werden. Ich habe deshalb die Prioritäten der Reformarbeiten neu gesetzt. In erster Linie ist die Wildschadenthematik voranzutreiben. Die von mir eingesetzte Strategiegruppe "Wald-Wild-Lebensräume" hat bereits sehr gute Grundlagen dazu erarbeitet.

Ziel ist es, die Arbeiten zur Jagdgesetzrevision in den Jahren 2013 und 2014 weiterzutreiben und abzuschliessen.

Die Thematik Wald-Wild-Lebensraum ist im Werdenberg besonders aktuell. Schon seit Jahrzehnten gibt es intensive Diskussionen um Schälschäden, die durch das Rotwild verursacht werden. Immerhin konnte dieses Jahr der langjährige Rechtsstreit in einem Wildschadenfall mit einem Vergleich beigelegt werden.

Die Spannungsfelder, welche heute unsere Diskussionen zum Lebensraum prägen, müssen im konstruktiven Dialog zwischen den Interessengruppen angegangen werden. Ich danke allen Beteiligten, dass sie sich bei diesem komplexen Wildschadenfall zu einer Lösung durchgerungen haben.

Die Jagd zeigt Bereitschaft, ihren Anteil zur Entschärfung des Wald-Wild-Konfliktes im Werdenberg zu übernehmen. Sie übernimmt Verantwortung, indem sie alles daran setzt, die hoch gesteckten Ziele des Abschussplans zu erreichen. Die Rothirsch-Hegegemeinschaft 1 (RHG1) hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Jahr 400 Stück Rotwild zu erlegen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Stabilisierung beziehungsweise Reduktion des Rothirschbestandes zu leisten. Allein im Werdenberg sollten 200 Rothirsche erlegt werden.

Mir ist bewusst, dass Hegegemeinschaft und Jagdgesellschaften für die Einhaltung des Abschussplanes einen immensen Aufwand betreiben müssen. Ich weiss auch, dass die Allgemeinheit immer vielfältigere, teilweise sogar widersprüchliche Erwartungen gegenüber der Jagd hegt. Die Jägerschaft muss ihre jagdlichen Aufgaben heute in einem schwierigen Umfeld erfüllen.

Umso mehr verdient Ihr Engagement Anerkennung und Respekt! Für den grossen Einsatz zu Gunsten von Wild und Lebensraum danke ich Ihnen, geschätzte Jägerinnen und Jäger, ganz herzlich.

Benedikt Würth, Regierungsrat

Mehr Gemeinsamkeit als man denkt

Reinhard Schnidrig hat in seinem „Gib Laut!“ eine Grüne Allianz aus Jägern, Naturschützern, Förstern, Fischern und Bauern postuliert. Dem kann ich als Vorstandsmitglied des WWF St. Gallen und als frisch brevetierte Jägerin nur zustimmen.

Eine intakte Natur steht im Zentrum Als Naturschutzorganisation setzt sich der WWF dafür ein, die weltweite Biodiversität zu erhalten und kämpft ausserdem dafür, die Nutzung natürlicher Ressourcen auf ein nachhaltiges Niveau zu reduzieren. Im Leitbild von JagdSchweiz liest man: „JagdSchweiz setzt sich für die Erhaltung der Artenvielfalt und die massvolle Nutzung der Wildtierbestände ein“. Natürlich sind die Ansichten des WWF und der Jägerschaft nicht immer die gleichen. Am meisten polarisiert wahrscheinlich die Diskussion um die Rückkehr der Grossraubtiere. Auch wenn vor kurzem Grundsätze zur Raubtierpolitik vereinbart wurden, wird es wohl weiterhin Meinungsverschiedenheiten dazu geben. Aber ist dies wirklich ein Grund, gemeinsame Ziele nicht auch gemeinsam zu verfolgen? Abgesehen davon gibt es nicht „die“ Naturschützer oder „die“ Jäger, denn auch innerhalb dieser Gruppierungen gibt es verschiedene Meinungen. Trotzdem setzt man sich innerhalb der Vereinigungen für gemeinsame Ziele ein.

Für Lebensraumverbesserungen Lebensraumverbesserungen und die Erhaltung guter Habitate liegen im Interessen vom WWF und der Jägerschaft. Als Beispiel nenne ich hier die Errichtung von Wildruhezonen und deren Kontrolle. Hier ist man sich einig, dass es vermehrt solche Rückzugsgebiete braucht. Wildtiere benötigen gerade in den Wintermonaten stärkeren Schutz vor Störungen durch Freizeitnutzung. Auch die Durchsetzung solcher Gebiete wird leider heute noch viel zu oft vernachlässigt. Wieso setzen wir uns nicht gemeinsam dafür ein, dass solche Zonen geschaffen und auch kontrolliert werden?

Erleben, verstehen, handeln
Ein anderes Beispiel: In meinem Beruf als Umweltpädagogin machte ich oft die Erfahrung, dass viele Kinder, aber auch Erwachsene, wenig über unsere einheimischen Tiere wissen. Für den Artenschutz ist es aber wichtig, Tiere zu kennen und auch etwas über deren Lebensweise zu wissen. Nur so versteht man, wieso ein einsames Rehkitz nicht wegtragen werden soll, oder wieso es für einen Rothirsch überlebenswichtig sein kann, wenigstens in Wildruhezonen wirklich Ruhe zu finden. Denn: Nur wer die Natur liebt und ihre Bedürfnisse versteht, tritt auch für ihren Schutz ein.

Die Jägerschaft hat viel Potential für spannende Umweltbildungsprojekte. Der Jäger besitzt ein grosses Fachwissen und viel Erfahrung in der Natur. Dies sind wichtige Grundlagen um Kindern und Erwachsenen spannende Erlebnisse zum Thema Wildtiere zu ermöglichen. Gleichzeitig lernt die Öffentlichkeit auch eine andere Seite der Jagd kennen. Während meiner Arbeit führe ich viele Diskussionen zu diesem Thema. Dabei bekomme ich oft das Gefühl, dass meine Gesprächspartner ein eher negatives Bild der Jagd haben.

Im Kanton St. Gallen bietet der WWF ein vielfältiges Programm an. Neben Schulbesuchen wirbt er auch mit verschiedenen Anlässen für ein besseres Verständnis für die Natur. Die WWF-Umweltbildungsangebote können unter www.wwfost.ch/naturlive eingesehen werden. Auch gemeinsame Bildungsprojekte der Jägerschaft und des WWF sind für mich denkbar. Man könnte dabei auf jeden Fall voneinander profitieren.

Anwaltsfunktion für die Natur Gemeinsam gilt es, eine Anwaltsfunktion für die Natur zu übernehmen. Durch das Verbandsbeschwerderecht haben die Umweltverbände die Möglichkeit, bei Projekten, die Wildtierkorridore beeinträchtigen oder aber auch bei Events im Wald, Einsprache zu erheben. Oft erfahren die Umweltverbände zufällig von Bauprojekten oder Freizeitanlässen, die einen grossen Einfluss auf das Wild haben. Darum sind wir auf Hinweise und Tipps der Jägerschaft angewiesen, damit wir den Finger auf wunde Stellen legen können.

Auch ich bin davon überzeugt: Wenn wir zusammenarbeiten, können wir eine kraftvolle Stimme für die Natur sein.

Barbara Vincenz, Biologin/Vorstandsmitglied WWF St. Gallen und frisch brevetierte Jägerin, Buchs

Vom Reden... übers Wichtige reden... und gehört werden

Jäger reden viel, am Aserfeuer, in der Jagdhütte, am Stammtisch. Über Anblicke und Abschüsse, über Kollegen und Wenigerkollegen, über sich und die andern, über die Politik, die Grossraubtiere, Kaliber, Bockdoppel und Drillinge. Gut so. Nichts Menschlicheres und Läuterndes als bereden, was einen beschäftigt.

Szenenwechsel. Der Biodiversität in der Schweiz, der Vielfalt des Lebens, geht es schlecht. Die Roten Listen der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten werden immer länger, ihre Lebensräume verschwinden unter Beton und Häuschen oder sie werden zur Freizeitarena der Spass-Gesellschaft, das Agrarland wird zur Wildtierwüste, die grossen Feuchtgebiete sind trockengelegt. Und wer gibt Laut im Namen der bedrängten Biodiversität? Öffentlich wahrnehmbar sind es die Biologen, die Natur- und Vogelschützer, die rot-grünen Politiker.

Der Schutz einer vielfältige Fauna und ihres Lebensraum ist der Garant für eine Nutzung, auch durch Jäger. Zu diesem Schutz gehören Fauna-Vorranggebiete ohne Jagd, Wildruhezonen ohne Freizeitsportler, Wildbrücken, mehr ökologische Ausgleichsflächen im landwirtschaftlich genutzten Offenland, ein naturnaher Waldbau auf der ganzen Waldfläche, grossflächige Waldreservate mit natürlicher Dynamik als Ziel, eine nachhaltige Schafsömmerung, die Ausscheidung und extensive Nutzung eines Uferraums entlang aller Gewässer. Wer über diese Dinge redet, laut und deutlich, der wird seiner Anwaltsrolle für die Wildtiere echt gerecht.

Aber wir alle wissen, reden reicht nicht, man muss auch gehört werden. Also müssen Tausend Jäger dasselbe sagen, dann werden die Laute langsam laut. Nur, auch wenn gar alle dreissig Tausend ins selbe Horn blasen, wird das Lied wahrscheinlich trotzdem noch nicht laut genug tönen, um nicht nur gehört, sondern auch wirklich erhört zu werden. Also warum nicht einen Schulterschluss mit jenen Gruppen der 99,6% Nichtjagenden suchen, die dieselben Interessen haben? Eine grüne Allianz bilden mit den Natur- und Vogelschützern, den Fischern, den Förstern und Bauern? Worte würden dann mit Sicherheit die Welt von morgen gestalten, unsere Biodiversität schützen - und die Jagd sichern.

Reinhard Schnidrig, Eidgenössischer Jagd- und Fischereiinspektor

Vom Privileg "Laut zu geben"

"Gib Laut!" Dieses Kommando ist mir als Hundebesitzerin selbstverständlich vertraut. Es ist die Anweisung zum Bellen. Die Anfrage der Werdenberger Jägervereinigung für einen Beitrag in dieser Rubrik habe ich allerdings nicht im wörtlichen Sinn aufgefasst. Vielmehr verstehe ich den Befehl als Einladung, meine Gedanken zur Jagd und ihren Aufgaben "laut" werden zu lassen.

Jägerinnen und Jäger haben Pflichten, aber auch Privilegien. Beides verlangt Sorgfalt, Aufmerksamkeit und Weitsicht.

Als langjährige Vorsteherin des Sicherheits- und Justizdepartements hatte ich nichts mit Jägerinnen oder Jägern zu tun. Meine Unerfahrenheit kann ihnen in diesem Fall nur recht sein. Dass ich ihnen während meiner Arbeit nie begegnet bin, ist Beweis dafür, dass sie ihre Tätigkeit mit der nötigen Umsicht und Sorgfalt ausüben. Aus beruflicher Sicht vertraue ich darauf, weiterhin möglichst nie mit ihnen in Kontakt zu kommen.

Als naturverbundener Mensch freue ich mich hingegen über jede persönliche Begegnung. Ich bewege mich sehr gerne in der Natur. Bei ausgedehnten Spaziergängen mit meinem Mann und unserem Hund erhole ich mich am besten. Wenn ich auf unseren Wanderungen Tiere beobachten kann, ist für mich das Glück vollkommen. Allerdings sehe ich auch die Veränderungen in der Landschaft. Der Raum wird enger, das Nebeneinander von Mensch und Natur immer anspruchsvoller. Hier geht das Kommando "gib Laut!" an die Jägerinnen und Jäger selber. Es ist die Aufforderung, auf die Bedürfnisse der Tiere aufmerksam zu machen und sich einzusetzen für jene, die selber nicht Laut geben können.

Der Auftrag an die Jagd hat verschiedene Seiten. Eine ihrer Aufgaben ist es, zum Gleichgewicht in der Natur beizutragen. Dazu gehört auch das Töten von Wildtieren. Die Jagd steht daher mitten in einem Spannungsfeld. Dies auszuhalten ist oft nicht einfach. Deshalb wünsche ich mir Jägerinnen und Jäger mit einem scharfen Blick für das Wesentliche, einem feinen Gehör für unterschiedliche Ansprüche und kühlem Blut, wenn es um ihr ureigenes Thema geht – dem Schutz und Erhalt der Natur für künftige Generationen.



Karin Keller-Sutter, seit 01.01.2019 Bundesrätin